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Baekeland und die Bakelite
Dr. Dr. h.c. Günter Lattermann aus Bayreuth hielt anlässlich unseres
1. Baekelandtages 2006 einen Vortrag zur frühen Kunststoffgeschichte.
Hier eine Kurzfassung:
Schwere Pressen, heiße Formen – die Geschichte
früher Kunststoffe
Dr. Dr. h.c. Günter Lattermann
Makromolekulare Chemie I , Universitaet Bayreuth,
Deutsche Gesellschaft für Kunststoffgeschichte e.V.
Unsere Kenntnisse von Gebrauch und Verarbeitung moderner Kunststoffe reichen viel weiter zurück, als wir
üblicherweise annehmen.
Bis Ende der 1930er Jahre waren zahlreiche der heutigen Massenkunststoffe, wie Polyurethan (Schaumstoff),
Polyamid (Nylon, Perlon), Polyethylen, Polymethylacrylate (Plexiglas), Poylstyrol und Polyvinylchlorid (PVC)
entwickelt und wurden bereits produziert.
Ab 1925/26 kamen zunächst in Großbritannien außer farbigen, erstmals auch weiße Kunstharze (Duromere) - die
Aminoplaste - auf den Markt.
Im Jahre 1910 wurde die Produktion des ersten vollsynthetischen Kunststoffs mit dem Handelsnamen Bakelite in
Erkner bei Berlin gestartet. Dieses phenoplastische Kunstharz wird bis heute hergestellt. Verpresst unter bis zu
tausenden von Tonnen Druck und bei höheren Temperaturen, kennen wir Objekte aus diesem Material meist nur
in mehr oder weniger dunklen Brauntönen. Gegossene Edelkunstharze aus Phenoplast dagegen sind vielfarbig,
besitzen aber eine geringere Härte, so dass sie leichter bearbeitet werden können.
Ein halbsynthetisches Duromer aus Milch-Kasein, mit Formaldehyd vernetzt, wurde schon seit 1899 unter der
Handelsmarke Galalith in Deutschland, Österreich und Frankreich hergestellt. Auch hier verlieh eine große Palette
farbenfroher Zubereitungen dem Material seine damalige große Attraktivität.
Noch früher, seit 1870 wurde ein anderes, halbsynthetisches Kunststoffmaterial,
die nitrierte Zellulose, Kampfer als Weichmacher enthaltend, unter dem Handelsnamen
Celluloid zuerst in USA produziert. In unendlichen Farbvariationen und Effektmusterungen
war dieses thermoplastische, unvernetzte Material lange Zeit für
zahlreiche Anwendungen in vielfältigem Gebrauch.
Für duromere Kunstharze waren die grundlegenden Verarbeitungstechnologien -
Mischer, Formpressen, etc. - schon früher für einige Materialen aus natürlichen
Rohstoffen, vernetzt durch Hitze oder chemische Prozesse, entwickelt worden.
So wurde seit 1855 in Frankreich Bois Durci oder Latrysches Kunstholz hergestellt. Es bestand aus Blut-Albumin,
vermengt mit Holzmehl harzhaltiger Tropenhölzer und wurde unter Hitze und hohem Druck in Formen verpresst.
1851 wurde von Nelson Goodyear das Hartgummi entwickelt. Er vermischte Naturkautschuk mit größeren
Mengen Schwefel und verpresste dies unter Hitze und Druck. Die Produktion unter dem Namen Vulcanite lief ab
1853 in USA an, ab 1856 in Deutschland unter dem Namen Ebonit.
Für Thermoplaste wurden klassische Verarbeitungstechniken wie das Blasformen
im Jahr 1935 oder das Spritzgießen 1926 eingeführt. Thermoplastisches Pressformen
war wesentlich früher beherrscht worden.
So entwickelte und produzierte Alfred P. Critchlow 1845 in USA Florence, eine
thermoplastische Mischung aus Schellack und verschiedenen Füllstoffen. Samuel
Peck konstruierte Formpressapparate für Schellackmischungen
mit hauptsächlich Kieselgur als Füller (Diatite). Diese Materialien waren in
der Zeit des amerikanischen Bürgerkrieges und später weitverbreitet, z. B. für
sogenannte Union Cases, Kästchen in denen man die
empfindlichen ersten Fotografien, die Daguerrotypieen, aufbewahrte.
Der Vortrag beleuchtet diese Entwicklungen und zeigt zahlreiche Bildbeispiele von Objekten aus dieser Zeit
früher Kunststoffe und Kunststoffvorläufer.
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