Logo ChemieFreunde Erkner e.V. Julius Rütgers und historische Teile seines Werks in Erkner Das berühmte Hitze-Druck-Patent Baekelands - die Geburtsurkunde des Kunststoff-Zeitalters - eine der Grundlagen moderner Technik Leo Hendrik Baekeland und sein Bakelizer
Freundeskreises Chemie-Museum Erkner e. V. Freundeskreises Chemie-Museum Erkner e. V. Freundeskreises Chemie-Museum Erkner e. V.

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Baekeland-Tag 2007 -
Kurzfassungen der Vorträge


Phenol+Formaldehyd → Phenol-Formaldehyd-Harz
Biografische Hintergrundbetrachtungen

Dr. Rolf Ukrow
FCME - Berlin

Im Vortrag werden biografische Kurzporträts - mit leicht anekdoti­schem Einschlag - von den Chemikern vorgetragen, die die im Titel genannten Substanzen zuerst entdeckt bzw. synthetisiert haben.

Friedlieb Ferdinand Runge (1794-1867).

Es werden seine wesentlichen Lebensstationen beleuchtet, insbeson­dere seine Tätigkeit in der „Chemische Productenfabrik“ zu Oranien­burg, in der er von 1832 bis 1852 tätig war. Hier entdeckte er 1834 die „Carbolsäure“ (Phenol) und das „Kyanol“ (Anilin) bei seinen Forschungen zu den Inhaltsstoffen des Steinkohlenteers. Er stellte die ersten synthetischen Steinkohlenteerfarbstoffe her.

August Wilhelm von Hofmann (1818-1892).

1869 erzeugte Hofmann in seinem Berliner Laboratorium durch Oxida­tion von Methanol an glühendem Platin zum ersten Mal Formaldehyd. Dieses ist nur ein kleiner Mosaikstein in seinem an Erfolgen reichen Schaffen. Von 1865 an wirkte er als Nachfolger von Mitscherlich an der Friedrich-Wilhelm-Universität in Berlin. 1867 wurde unter seiner Leitung die Deutsche Chemische Gesellschaft gegründet, die als Gesellschaft Deutscher Chemiker noch heute besteht. Geadelt wurde er 1890.

Adolf von Baeyer (1835-1917)

Bereits 1871 hatte Baeyer im Laboratorium des Gewerbeinstituts in Berlin mit Untersuchungen zu Reaktionen von Aldehyden mit Phenolen begonnen. Ende 1872, inzwischen Professor für Chemie an der Uni­versität Straßburg,  berichtete er über die Umsetzung von Formal­dehyd mit Phenol, die zu einem „farblosen Harz“ führte. Damit war die Reaktion, die durch die Forschungen vieler Nachfolger schließlich zum Bakelit führte, erstmals in der Literatur beschrieben.
Baeyers Leistungen auf dem Gebiet der organischen Chemie waren für die Entwicklung dieser Wissenschaft von essentieller Bedeutung. Als  Nachfolger Liebigs übernahm er 1875 den Lehrstuhl für Chemie an der Ludwig-Maximilian-Universität München. !905 erhielt er den Nobelpreis für Chemie. Geadelt wurde er 1885.


Kurzfassung des Vortrags von :
Link Dr. Ukrow
Link Prof. Braun
Link F. Retzlaff
Link N. Heine
 
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Link Baekelandtag 2007 - Ablauf

Interessierte Zuhörer beim Baekelandtag 2007
 
Dr. Rolf Ukrow
Dr. Rolf Ukrow,
Berlin
 
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Vom Schellack zu den Phenoplasten:
der Beginn der Neuzeit der Kunststoffe

Prof. Dr. Dr. h. c. Dietrich Braun
Deutsches Kunststoff-Institut, 64291 Darmstadt

Die Vor- und Frühgeschichte der organischen Werkstoffe, für die Richard Escales um 1910 das Wort Kunststoffe prägte, behandelt neben einigen natürlichen Harzen pflanzlichen und tierischen Ursprungs vor allem chemisch modifizierte hochmolekulare Naturstoffe wie Kautschuk, Cellulose und wenige Proteine. Erst mit dem Beginn der Neuzeit der Kunststoffe um die Wende vom neunzehnten zum zwanzigsten Jahrhundert erlangten synthetisch aus sog. Monomeren durch deren chemische Verknüpfung gewonnene Polymere technische Bedeutung.

Am Anfang dieser Entwicklung stehen zweifellos die aus Phenol und Formaldehyd erhaltenen Phenolharze, für die später die Bezeichnung Phenoplaste gebräuchlich wurde. Als deren wichtigsten Vorgänger kann man den Schellack ansehen. Er wird aus Ausscheidungen der Lackschildlaus vor allem in Indien und Thailand gewonnen und fand zunächst als Siegellack, für Firnisse, Polituren, als Leim-Ersatz und als Bindemittel für Schleifsteine Verwendung, seit 1888 aber vor allem als neues Material für Schallplatten („Schellackplatte“). Noch heute werden jährlich einige Tausend Tonnen Schellack in Polituren zum Restaurieren von antiken Möbeln, für Lacke im Musikinstrumentenbau, als Kitte und als gesundheitlich unbedenkliches Überzugsmittel für Dragees, Nahrungsergänzungsmittel und im Lebensmittelbereich eingesetzt.

Der wachsende Bedarf an Schellack und dessen steigender Preis führ­ten im späten neunzehnten Jahrhundert zur Suche nach Ersatz­stoffen. Dafür boten sich die bei der Einwirkung von Formaldehyd auf Phenol entstehenden Harze an, deren Bildung Adolf von Baeyer schon 1872 beobachtet hatte, ohne sich jedoch weiter dafür zu interes­sieren. In der Folgezeit untersuchten mehrere Forscher, z. B. Edmund ter Meer (1874) und W. Kleeberg (1891), diese Reaktion, erkannten aber nicht deren praktische Bedeutung. Erst das 1902 der Firma Louis Blumer in Zwickau/Sa. erteilte Patent für ein von Carl Heinrich Meyer erfundenes „Verfahren zur Herstellung eines dem Schellack ähnlichen harzartigen Kondensationsproduktes aus Phenol und Formaldehyd­lösung” beschreibt ein bald auch technisch eingesetztes Kunstharz. Das als „Laccain” vor allem für die Herstellung von Möbelpolituren auf den Markt gebrachte Produkt hatte jedoch nur kurze Zeit erfolg, da es nach Carbol roch, nicht lichtbeständig war und nachdunkelte.

Seit etwa 1905 beschäftigten sich Fritz Raschig in Ludwigshafen/Rh. und Leo Hendrik Baekeland in Yonkers bei New York mit der Konden­sation von Phenol und Formaldehyd. Raschig erhielt honiggelbe, durchsichtige und gießbare sog. Edelkunstharze, die als Bernstein­ersatz, durch Zugabe von Füllstoffen aber auch zum Herstellen von Billardkugeln mit der gleichen Dichte wie Elfenbein geeignet waren. Baekelands bis heute bleibendes Verdienst ist es, aus Phenol und Formaldehyd durch systematische Untersuchungen der Reaktions­bedingungen und der Verfahren zum Härten der Harze mittels Hitze und Druck den ersten wirtschaftlich verwertbaren, vollsynthetischen, unlöslichen und unschmelzbaren Kunststoff (Bakelit) entwickelt zu haben, so dass sein Name sicher mit Recht den Beginn der Neuzeit der Kunststoffgeschichte markiert


 
 
 
Prof. Dietrich Braun, Darmstadt
Prof. Dietrich Braun, Darmstadt
 
Dr. Rolf Ukrow
Prof. Braun überreicht Prof. Koßmehl ein Gast­geschenk für unsere Bakelite-Sammlung
 
Dr. Rolf Ukrow
Gastgeschenk: eine Spielzeug-Schreibma­schine "Bambino" für unsere Sammlung
 
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Max Weger und die erste Bakelite-Fabrik der Welt
– Eine Zwischenbilanz –

Frank Retzlaff
FCME - Erkner

Max Johannes Weger erblickte in Leipzig am 9. Juli 1869 das Licht der Welt. Über seine Zeit in Leipzig ist uns bisher relativ wenig bekannt. An der Leipziger Universität studierte er um 1890 u. a. Chemie und promovierte 1893 zum Thema: „Über Bromsubstitutionsprodukte der Sebacinsäure, Oxy-derivate derselben und deren Oxydationsproduk­te“.  An diesem Thema arbeitete er auch anschließend als Assistent am chemischen Laboratorium der Universität.  Spätestens 1896 war Weger erster Chemiker der Chemischen Fabrik Dr. F. Wilhelmi in Leipzig-Reudnitz. Eine lange Reihe von Fachartikeln zu „Siccativen und Firnissen“ sowie „Oelen und Harzen“ zeigt deutlich die Ausrichtung dieser Fabrik. 

Als 31-jähriger Familienvater siedelte er 1901 in seine neue Heimat Erkner über, wo er ab dem 1. April bei Rütgers im Laboratorium der Theerproducten-Fabrik eine Anstellung fand. Weger folgte hier u. a. den beiden Hofmann-Schülern Gustav Kraemer und Adolf Spilker. Es war für ihn kein völlig neues Arbeitsgebiet. Schon 1905 wurde er  Laboratoriumsvorstand.
Bereits 1903 war Julius Rütgers gestorben. Direktor bzw. Vorstand bis 1925 war nun Konsul Sally Segall (1866-1925), der im Frühjahr 1909 von seinem Chefchemiker in Erkner Dr. Max Weger auf mehrere Artikel in der „Chemiker-Zeitung“ über die Herstellung von Phenolharzen in den USA aufmerksam gemacht wurde. Der Autor war ein in Deutsch­land noch weitgehend unbekannter Chemiker namens Baekeland.

Baekelands Vorträge und Artikel über seine Erfindung Bakelite® hatten ihn in den USA schnell populär gemacht, so dass er u. a. als Delegierter im Mai/Juni 1909 am 7. Internationalen Kongress für angewandte Chemie in London teilnahm. Diesen Europaaufenthalt verband er im Juni/Juli mit einem Besuch in Berlin, wo Segall für Rüt­gers Baekelands Patentrechte für Kontinentaleuropa erwarb. Der Chefchemiker der Rütgerswerke in Erkner Dr. Weger wurde beauf­tragt, das Verfahren zunächst zu überprüfen. Dazu weilte Ende Juni 1909 Baekeland auch in Erkner!
In einer alten Böttcherei auf dem Rütgersgelände gelangen die Tests, worauf Weger begann diese großtechnisch, also für die industrielle Massenproduktion umzusetzen. Bereits Ende 1909 konnte das erste Bakelit verkauft werden. Die Aufmerksamkeit der Elektroindustrie war geweckt. Weger bereitete auch mit einem Arbeits-Besuch bei Baekeland in den USA im Februar 1910 die Großproduktion vor. Am 25. Mai 1910 gründeten die Rütgerswerke unter Beteiligung von Baekeland die „Bakelite Gesellschaft mbH, Berlin‑Erkner“ und begannen mit der kommerziellen Produktion. Deren Geschäftsführer und technischer Direktor wurde Max Weger. Erst Ende 1910 gründete Baekeland in den USA die „General Bakelite Co.“. Bakelit/Bakelite  wurde zum „Stoff der 1000 Möglichkeiten“.

Weger wurde Ende 1929 für seine „bahnbrechenden Verdienste auf dem Gebiete der Kunstharze“ durch die Verleihung der Ehrendoktor­titels der Technischen Hochschule in Berlin-Charlottenburg gewürdigt. Ende 1936 schied er nach 35 Jahren in Erkner und 26 Jahren bei der Bakelite-Gesellschaft als deren Geschäftsführer und technischer Direktor aus.

Dr. phil. Dr.-Ing. h. c. Max Johannes Weger starb wenige Monate nach Baekeland am 19. November 1944. Sein Haus in der Löcknitzstraße war bereits beim schweren Bombenangriff auf Erkner am 8. März jenes Jahres mit zerstört worden. Sein Grabstein ist auf dem Friedhof Erkner in zentraler Lage zu finden.


 
 
 
Frank Retzlaff,
Erkner
 
 
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Phenolharze im Alltag

Norbert Heine - Produktentwickler
Dynea Erkner GmbH

Phenolharz ist der älteste vollsynthetische Kunststoff der Welt. Er kommt als Bindemittel oder Werkstoff in unserem alltäglichen Leben häufiger vor als die Meisten wissen.
Bedingt durch seinen duroplastischen Charakter wird nach der Här­tung eine sehr hohe Temperaturfestigkeit erreicht. Dies führt dazu, dass Phenolharze auch nach dieser langen Zeit einen festen Platz in zahlreichen Gebieten der Technik und des täglichen Lebens haben.
Die rasante technische Entwicklung der letzten hundert Jahre ist auch zum Teil dem Einsatz von Phenolharzen geschuldet, welches einige Prozesse und/oder Endprodukte sicherer oder wirtschaftlicher gemacht hat.

Das Wissen und die Kunst von Phenolharz-Herstellern ist es, die Synthese so zu steuern, dass das resultierende „Kondensations-Zwischenprodukt“ beim Anwender, optimal auf die gegebenen Verarbeitungsbedingungen sowie das zu erzielende Endprodukt eingestellt ist.
Das Endprodukt das dann der Verbraucher kennt ist ein, durch Wär­me, Druck und/oder chemische Reagenzien entstandenes, engmaschi­ges Makromolekül welches die, je nach Anwendung unterschiedlichen, Materialien bindet.
Hohe Wärmeformbeständigkeit, große Oberflächenhärte und hohe mechanische Festigkeiten sind charakteristisch für Anwendungen, bei denen Phenolharze eingesetzt werden.

Der Vortrag stellt, neben einer kurzen Einführung der unterschied­lichen Harztypen, einige bekannte, aber auch einige eher unbekannte Anwendungen vor, bei denen Phenolharze zum Einsatz kommen.

  • Von Autoreifen bis zum Zeppelin
  • Vom Atomkraftwerk bis zum Zeitungsdruck
  • Vom Aschenbecher bis zur Zugbremse


 
 
Norbert Heine,
Dynea Erkner
 
       
   
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Diese Seite wurde erstellt am 11.02.2007